Shinrin Yoko trifft Yin-Yoga

Waldbaden: zurück zu den Wurzeln

Waldbaden, eine Bewegung aus dem modernen Japan, hat vielfältige heilsame Effekte auf die Gesundheit und wirkt nachweislich den Leiden der Schnelllebigkeit entgegen. Unsere Chefredakteurin probierte absolute Entschleunigung im Wald für euch aus und lernte von den Bäumen das Loslassen. 

Text: Sandra Henderson | Fotos: Cinzia Faraci, Julia Vietense


Waldbaden geht anders als Spazierengehen. Das realisiere ich schnell, als ich »Waldbaden trifft Yin-Yoga« mit der Kursleiterin für Waldbaden Cinzia Faraci und dem Yogalehrer Jan-Eric Kaiser ausprobiere. Mein erstes Mal. Vom kleinen Parkplatz am Rande des Streitwalds in Kirchberg an der Jagst laufen wir los, unterhalten uns, beschnuppern uns. 

Nach wenigen hundert Metern stoppt Cinzia Faraci die Gruppe, lässt uns ankommen. »Das war noch nicht Waldbaden«, sagt sie. »Jetzt schweigen wir und schlendern.« Sie macht es vor. Die ungewohnte Langsamkeit ist erstaunlich anstrengend. 

Jetzt begreife ich den Unterschied zum Spazierengehen: »Ich habe beim Waldbaden kein Ziel«, erklärt Cinzia Faraci. »Ich halte ständig an. Ich erhole mich. Und ich nehme meine Umgebung wahr. Ich gebe mir Zeit.« Waldbaden will gelernt sein. »Man braucht viel Erfahrung und Disziplin«, erklärt sie. Im Wald wollen die Gedanken abschweifen. Sie sei da, um uns immer wieder ins Hier und Jetzt zurückzuholen. 


»Ich habe beim Waldbaden kein Ziel.« 

Cinzia Faraci, Kursleiterin für Waldbaden

Waldbaden kommt aus Japan. Shinrin Yoku, der japanische Begriff, heißt übersetzt »baden in der Atmosphäre des Waldes«. Shinrin Yoku ist nicht etwa eine Jahrtausende alte fernöstliche Tradition, wie man glauben könnte, sondern eine Bewegung, die erst in den Achtziger Jahren der modernen Urbanisierung entsprang, um den Leiden der Schnelllebigkeit entgegenzuwirken. Die Städter mussten in die Natur zurückkehren, um zur Ruhe zu kommen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Waldbaden Depressionen lindert, Stresshormone reduziert, den Blutdruck senkt. In Japan wird Waldbaden von der Krankenkasse bezahlt — als Prävention, aber auch als Kur. »Wir entdecken in Wirklichkeit nichts Neues«, sagt Cinzia Faraci. »Wir erforschen jetzt etwas, was wir früher schon hatten, aber durch die Industrialisierung, die mediale Welt verloren haben.« 


Von den Bäumen das Loslassen lernen

Der Wald macht etwas mit uns. »Die Bäume kommunizieren miteinander, über elektrische Signale, über ihre Wurzeln und Pilze«, erklärt die Lehrerin. »Und das spüren, riechen und sehen wir Menschen im Wald.« Die Natur hilft uns, unser Leben nicht nur wahrzunehmen, sondern auch zu verarbeiten. Der Winterwald etwa macht uns vor, loszulassen. Die Bäume können ihre Blätter loslassen, um zu überleben. So gibt der Wald den Impuls, loszulassen, was uns nicht mehr dient. 

An einer Gabelung halten wir inne. Jan-Eric Kaiser, bei dem ich in Dinkelsbühl seit zwei Jahren Yoga praktiziere, bringt die Gruppe in die erste Yin-Yoga-pose, eine tiefe Hocke. »Beim Yin-Yoga lernt man eine wichtige Voraussetzung für das Loslassen: das Nicht-Bewerten«, sagt der Yogalehrer. »Erst wenn du dich so akzeptierst, wie du bist, kannst du loslassen und hast damit die Chance auf Veränderung.« 



»Beim Yin-Yoga lernt man eine wichtige Voraussetzung
für das Loslassen: das Nicht-Bewerten.«

Jan-Eric Kaiser, Yogalehrer 


Cinzia Faraci bietet regelmäßig Kurse im Waldbaden an, oft kombiniert mit anderen Themen, wie Kunst, Klangschalen, Teezeremonien oder eben Yoga. Man kann die Waldbadenmeisterin auch buchen, für Gruppen oder individuelle Erfahrungen.


Um die ganze Reportage zu lesen, hole Dir das DREIBERG magazin in Print.

Waldbaden mit Cinzia Faraci
Kursleiterin für Waldbaden
Mehr Infos und angebotene Kurse und Seminare: 0151 10058852
cinzia-faraci.com 


Goldrichtig Yoga | Jan-Eric Kaiser 

Yogalehrer 

goldrichtig-yoga.jimdofree.com

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